FINANZVERWALTUNG des Landes Nordrhein-Westfalen
22.09.2020

Kabinett beschließt Haushaltsplanentwurf 2021: Keine Schulden für den normalen Haushalt / Verlängerung des Rettungsschirms bis 2022 / Rückkehr zur haushaltspolitischen Normalität 2023

Minister der Finanzen Lutz Lienenkämper: „Nordrhein-Westfalen bleibt Aufsteigerland und bekämpft weiter die direkten und indirekten Folgen von Corona.“

Das Landeskabinett hat heute im Rahmen der auswärtigen Kabinettssitzung in Isselburg den Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2021 beschlossen. Der Etat bleibt mit einem Volumen von 81,923 Milliarden Euro zuzüglich durchlaufenden bzw. haushaltsneutralen Posten von insgesamt 2,116 Milliarden Euro genau im Rahmen der letzten Mittelfristigen Finanzplanung 2019 bis 2023. Er steht trotz der aktuell schwierigen Bedingungen durch die Pandemie auf einer sicheren Grundlage. „Nordrhein-Westfalen bleibt in der Corona-Zeit Aufsteigerland“, betont Lutz Lienenkämper, Minister der Finanzen, „wir werden keine Schulden für den allgemeinen Haushalt aufnehmen und zugleich die Herausforderungen der Pandemie bewältigen. Dazu hilft uns die Vorsorgepolitik der ersten Haushaltsjahre nach dem Regierungswechsel.“

Der Haushaltsplanentwurf wird dem Landtag am 30. September übermittelt und voraussichtlich am 7. Oktober 2020 erstmals im Plenum gelesen.
 
Eckdaten des Haushaltsplanentwurfs 2021
 
  Haushalt 2021 (Entwurf) 2. Nachtragshaushalt 2020
in Mio. EUR
Haushaltsvolumen 84.039 80.163
darin enthalten:
Mehrausgaben bei haushaltsneutralen, durchlaufenden Posten *)
2.116 -
Haushaltsvolumen ohne
Mehrausgaben bei durchlaufenden Posten und Kreditierung an Kommunen
81.923 80.163
Steuermindereinnahmen **) 5.476 6.148
Personalausgaben 29.955 28.775
darin enthalten:    
Mehrausgaben für die Tarif- und Besoldungserhöhung 2021 462 -
Mehrausgaben Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger 116 -
Mehrausgaben Beihilfeausgaben 198 -
Investitionsausgaben 8.678 8.140
     
*): v. a. Kosten der Unterkunft, Kreditierung im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes aus dem Rettungsschirm
**): Steuermindereinnahmen gemäß der Vorlage an den Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags vom 15. September 2020 (Vorlage 17/3853)
 
Steuerschätzer: Milliarden Euro Steuermindereinnahmen
 
Wegen der Corona-Pandemie hat der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ Anfang September 2020 in einer außerplanmäßigen Steuerschätzung die Steuereinnahmen der nächsten Jahre neu geschätzt. Danach werden sich für das Land Nordrhein-Westfalen gegenüber der letzten Mittelfristigen Finanzplanung Steuermindereinnahmen für das Jahr 2021 in Höhe von 5,476 Milliarden Euro, für das Jahr 2022 in Höhe von 5,140 Milliarden Euro und für das Jahr 2023 in Höhe von 3,906 Milliarden Euro ergeben.
 
NRW-Rettungsschirm bleibt aufgrund der andauernden Notsituation bis 2022
 
Die hohen Steuermindereinahmen für die Jahre 2021 und 2022 resultieren sowohl aus Beschlüssen des Bundes zu steuerlichen Entlastungsmaßnahmen in Corona-Zeiten als auch aus dem wirtschaftlichen Einbruch in der Krise. Die erheblichen Beeinträchtigungen des Wirtschaftsablaufs aufgrund des exogenen Schocks dauern nach den Ergebnissen der Steuerschätzung an.
 
„Die außergewöhnliche Notsituation für das Land Nordrhein-Westfalen wird nach unserer Einschätzung auch in den Jahren 2021 und 2022 gegeben sein,“ so Lutz Lienenkämper weiter. Für das Jahr 2023 ist, Stand heute, davon auszugehen, dass die negativen fiskalischen Folgen der Corona-Krise deutlich zurückgehen und eine außergewöhnliche Notsituation nicht mehr angenommen werden kann.
 
Die Landesregierung schlägt mit dem Haushaltsbeschluss dem Parlament vor, den mit dem Nachtragshaushalt 2020 einstimmig beschlossenen NRW-Rettungsschirm in den Jahren 2021 und 2022 fortzuführen, um weiterhin flexibel und zeitnah auf die sich ergebenden Herausforderungen reagieren zu können. Mit dem NRW-Rettungsschirm steht ein Sondervermögen von bis zu 25 Milliarden Euro zur Verfügung. Der NRW-Rettungsschirm soll weiter die direkten und indirekten Folgen der Corona-Pandemie für Nordrhein-Westfalen auffangen sowie notwendige konjunkturelle Maßnahmen ermöglichen.
 
Mittelfristige Finanzplanung gibt den Weg vor
 
In der bestehenden Krise wird die Landesregierung den Rettungsschirm und den allgemeinen Haushalt transparent voneinander abgrenzen. „Die Ausgaben des allgemeinen Haushalts ohne durchlaufende Posten erhöhen wir in diesen schwierigen Zeiten nicht über das Volumen, das die letzte Mittelfristige Finanzplanung für das Jahr 2021 vorgesehen hat. Wir begrenzen sie demgegenüber aber auch nicht. Die Nachfrage des Landes gegenüber dem einzuschränken, was wir uns für normale Zeiten vorgenommen haben, wäre mit Blick auf die konjunkturpolitischen Wirkungen kontraproduktiv. Eine Erhöhung wäre schädlich mit Blick auf die politisch und verfassungsrechtlich notwendige Rückkehr zur haushaltspolitischen Normalität. Die zusätzlichen Mittel aus dem Schirm helfen in der Krise und wirken gleichzeitig nachfrageerhöhend“, so Lutz Lienenkämper.
 
In den Jahren 2021 und 2022 werden die sich nach der September-Steuerschätzung gegenüber der Mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 2021 und 2022 ergebenen Steuermindereinnahmen durch Mehreinnahmen, insbesondere durch Entnahmen aus den Rücklagen und dem NRW-Rettungsschirm kompensiert. Im Jahr 2021 sollen 526,5 Millionen Euro aus der allgemeinen Rücklage entnommen werden, im Jahr 2022 200 Millionen Euro. Der dann noch verbleibende Bestand der allgemeinen Rücklage von 682 Millionen Euro soll im Rahmen der Mittelfristigen Finanzplanung 2023 aufgelöst werden.
 
Für das Jahr 2023 sieht die Mittelfristige Finanzplanung einen Haushalt ohne Entnahmen aus dem Rettungsschirm vor.
 
Für das Jahr 2024 plant die Landesregierung einen Haushalt mit einem Überschuss von 200 Millionen Euro, der vollständig zum Einstieg in die konjunkturgerechte Tilgung der für den NRW-Rettungsschirm aufgenommenen Kredite verwendet werden soll.
 
Der Haushaltsplanentwurf 2021 richtet den Fokus darüber hinaus erneut auf mittel- und langfristige Investitionen in die Zukunft des Landes:
 
Familie
  • Für die weitere Qualitätssteigerung der Kinderbetreuung und zur Finanzierung der Kinderbetreuungsplätze stellt die Landesregierung zusätzlich rund 437 Millionen Euro zur Verfügung. Daneben werden zusätzliche Landesmittel in Höhe von mindestens 115 Millionen Euro jährlich zur Schaffung weiterer Betreuungskapazitäten im Zuge der Platzausbaugarantie bereitgestellt.
 
Innere Sicherheit
  • Der Bekämpfung von Kindesmissbrauch und Cyberkriminalität kommt eine besondere Bedeutung zu. Hierfür werden 105 Spezialistinnen und Spezialisten eingestellt. Zur Entlastung und Unterstützung des operativen Dienstes werden 500 zusätzliche Stellen für Tarifbeschäftigte im polizeilichen Verwaltungsdienst geschaffen. Zur besseren Bekämpfung von Terror und Extremismus erhält der Staatsschutz 80 neue Stellen. Es werden 2760 Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter eingestellt.
 
Schule und Bildung
  • Im Jahr 2021 richtet die Landesregierung rund 2750 Stellen für Lehrerinnen und Lehrer ein, darin enthalten sind rund 1200 Lehrerstellen zur Stärkung der Grundschulen. Im Bereich der schulischen Inklusion werden rund 750 zusätzliche Stellen geschaffen. Das Angebot des Offenen Ganztags im Primarbereich wird um 25.000 Plätze ausgebaut auf nunmehr 354.670 Plätze. Zudem werden 400 zusätzliche Stellen für Schulverwaltungsassistenz an Grundschulen sowie 169 Stellen für Schulverwaltungsassistenz an Berufskollegs eingerichtet. Darüber hinaus werden die Stellen für Schulpsychologen um 50 erhöht.
 
Digitalisierung und Infrastruktur
  • Im Rahmen der Landeskofinanzierung der Gigabitförderung des Bundes zahlt das Land 191 Millionen Euro mehr. Zur Beschleunigung der Digitalisierung der Landesverwaltung fließen 117,9 Millionen Euro zusätzlich.
 
Wissenschaft und Forschung
  • Die Universitätsmedizin wird deutlich gestärkt: Im Haushalt 2021 werden zusätzlich rund 94 Millionen Euro für die Universitätskliniken bereitgestellt. Davon entfallen rund 22 Millionen Euro auf den Aufbau der Hochschulmedizin in Ostwestfalen-Lippe. Daneben unterstützt die Landesregierung die Bewerbung des Forschungszentrums Jülich als Standort für einen geplanten EU-Höchstleistungsrechner:  Zum einen durch eine anteilige Aufstockung der Grundfinanzierung als Beitrag zur Stärkung der Infrastruktur, zum anderen durch die finanzielle Vorsorge in Höhe von 125 Millionen Euro für den Landesanteil am Aufbau und Betrieb des geplanten Rechnersystems.
 
Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
  • Rund 22 Millionen Euro mehr fließen aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) in die Unterstützung unserer heimischen Landwirtschaft. Für die Arbeit der Landwirtschaftskammer werden zusätzlich acht Millionen Euro bereitgestellt. Ebenfalls verstärkt werden die Förderung des Ökolandbaus. Um die unabhängige Verbraucherarbeit weiter zu stärken, stellt das Land zusätzlich vier Millionen Euro für die Verbraucherzentrale zur Verfügung.
 
Verkehr
  • Für Projekte des Rad- und Fußverkehrs sind gut 54 Millionen Euro vorgesehen; das sind 15 Millionen Euro mehr als im Haushalt 2020. Das Land stellt zusätzlich rund 35 Millionen Euro für Investitionen in Landesstraßen und Radwege an Landesstraßen zur Verfügung.
 
Sportförderung
  • Das Land Nordrhein-Westfalen stellt im Haushalt 2021 für die Sportförderung rund 12 Millionen Euro mehr zur Verfügung als in 2020, insbesondere zur Durchführung sportlicher Großveranstaltungen.
 
Rheinisches Revier
  • Für die Kofinanzierung zusätzlicher Bundesmittel für das Rheinische Revier stellt die Landesregierung in 2021 zunächst 30 Millionen Euro zur Verfügung, in 2022 werden es 160 Millionen Euro sein.
 
Denkmalschutz und Dorferneuerung
  • Zur Unterstützung des Landesprogramms Dorferneuerung werden zusätzliche Investitionen von 10 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die Förderung des Denkmalschutzes unterstützt das Land mit einem zusätzlichen Betrag im Haushalt 2021 von 12 Millionen Euro.
 
Gemeinden und Gemeindeverbände erhalten Unterstützung
 
Zeitgleich mit dem Haushaltsbeschluss erfolgt traditionell eine Regelung der Zuweisungen und Zuschüsse für Gemeinden und Gemeindeverbände. Nach den geltenden Regeln sind hierfür die Ist-Einnahmen des Landes aus den Gemeinschaftsteuern sowie aus vier Siebteln der Grunderwerbsteuer für den Referenzzeitraum vom 1. Oktober 2019 bis 30. September 2020 maßgebend. Danach hätte sich eine Verringerung des Volumens ergeben. Stattdessen sieht der Entwurf eine Zuweisung auf Basis der bisherigen Mittelfristigen Finanzplanung vor. Die geringeren Zuweisungen und Zuschüsse im Rahmen des kommunalen Steuerverbunds für das Jahr 2021 würden andernfalls dazu führen, dass die Kommunen ihre Nachfrage einschränken und so weniger Aufträge an die lokale Wirtschaft vergeben. Die hieraus folgenden negativen Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung sollen vermieden werden. Die Beträge, die über die reguläre Berechnung auf Basis der Ist-Steuereinnahmen vom 1. Oktober 2019 bis 30. September 2020 hinausgehen, belaufen sich auf 927,4 Millionen Euro. Sie werden den Gemeinden und Gemeindeverbänden über den NRW-Rettungsschirm kreditiert. Sie sollen aus den Steigerungssummen beim Gemeindefinanzierungsgesetz zurückgezahlt werden, die sich ergeben, wenn sich die wirtschaftliche Situation der Gemeinden und Gemeindeverbände wieder gebessert hat. Die Rückzahlungen werden für Tilgungen der über den NRW-Rettungsschirm aufgenommenen Kredite verwendet.
 
„Wir bewahren Maß und Mitte und halten dabei immer unsere Schwerpunktbereiche im Auge“, betont Minister Lienenkämper. „Das können wir, weil wir die Möglichkeiten der Schuldenbremse nutzen, um auf die Corona-Krise zu reagieren, und gleichzeitig immer unsere solide Haushaltspolitik fortführen. Diese hat im Übrigen auch die Ratingagentur Standard & Poors konstatiert, die soeben unser gutes AA-Rating erneut bestätigt hat.“