Päckchenflut aus China: Nächtlicher Besuch beim Zoll am Kölner Flughafen
Von der oberen Ebene in der Abfertigungshalle kann man durch den Gitterboden 20 Meter in die Tiefe schauen, wo vollautomatisierte Fließbänder kreuz und quer laufen, sich über- und untereinander winden. Auf jedem bewegt sich ein nicht abreißender Strom von Paketen vorwärts, aufwärts und abwärts. Mitternacht ist Stoßzeit. Zig Flieger von Logistikunternehmen landen hier am Flughafen Köln/Bonn allabendlich innerhalb von rund zwei Stunden. Immer öfter an Bord: Pakete bekannter chinesischer Billiganbieter, die den europäischen Markt mit Kleidung, Elektronik und Spielzeug für oftmals wenige Euro fluten. Und um die Herausforderung der Ramsch-Massen aus Fernost geht es bei diesem Vor-Ort-Termin: Nordrhein-Westfalens Minister der Finanzen Dr. Marcus Optendrenk und Prof. Dr. Luise Hölscher, Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, machen sich in der Abfertigung selbst ein Bild, wie der Zoll das in ganz Deutschland sprunghaft steigende Frachtgeschäft bewältigt und die Einhaltung der Marktregeln überwacht.
Staatssekretärin Prof. Dr. Hölscher ist eigens aus Berlin für den gemeinsamen Besuch am Flughafen Köln/Bonn angereist, wo die Zahl der Zollanmeldungen sich in den vergangenen Jahren mehr als verdreifacht hat. Er ist der drittgrößte Frachtflughafen Deutschlands. „Die Online-Händler aus China haben die EU und insbesondere Deutschland als wichtiges Zielland entdeckt – und sie werden nicht wieder verschwinden“, stellt sie klar. „Wir müssen damit umgehen und umso genauer darauf achten, dass die Spielregeln unseres Marktes eingehalten werden: dass Steuern und Zollabgaben gezahlt, dass Recht und Gesetz eingehalten werden. Das ist nicht nur eine Aufgabe für die Bundesrepublik, sondern vielmehr eine Gemeinschaftsaufgabe für die gesamte Europäische Union, deren Binnenmarkt wir vor unfairem Wettbewerb schützen müssen.“
Die chinesischen Handelsgiganten stehen nicht nur im Verdacht, gegen Markenrecht und Gesundheitsschutz zu verstoßen, sondern auch Warenwerte bewusst zu verzerren und so Einfuhrumsatzsteuer sowie Zollabgaben zu drücken. Minister Dr. Optendrenk hatte in den vergangenen Monaten immer wieder öffentlich für mehr Überwachung geworben. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Konzerne aus Fernost uns mit Plagiaten und teils gefährlichen Produkten zu Dumpingpreisen unkontrolliert überschwemmen und dabei noch den Fiskus betrügen. Die ehrlichen Wettbewerber werden sonst in die Knie gezwungen – mit schwerwiegenden Folgen für eine sichere Versorgung der Menschen, für unsere Wirtschaft und unsere Innenstädte“, erklärt er. „Der Staat muss zeigen, dass er seine Regeln durchsetzen kann – nach innen und nach außen.“
Laut Zoll stammen bundesweit bereits mehr als 90 Prozent der E-Commerce-Sendungen aus China. Zunehmend werden auch kleine deutsche Flughäfen von den Plattformen kontaktiert – man sucht mit steigender Intensität und allerorts Wege in den europäischen Markt. „Der Zoll hat bereits reagiert und nutzt vor allem die Digitalisierung, um mehr Kontrolle zu gewährleisten“, sagt Staatssekretärin Prof. Dr. Hölscher. „Die elektronische Risikoanalyse wird ständig und mit Hochdruck verfeinert, um problematische Sendungen sofort herauszufiltern. Bei dieser Vorauswahl unterstützen auf digitalem Wege Zollämter aus der ganzen Republik die Kolleginnen und Kollegen am Kölner Flughafen. Diese Risikoanalyse weiten wir jetzt auf die EU aus: Die Erkenntnisse, wie wir etwaige Verstöße gegen unsere Einfuhrbestimmungen aufdecken können, müssen automatisiert zwischen den Behörden aller Mitgliedsstaaten ausgetauscht werden.“
Am Ende der nächtlichen Visite zeigt sich Minister Dr. Optendrenk beeindruckt: „Die schiere Menge an Fracht, die an unserem größten nordrhein-westfälischen Cargo-Flughafen abgewickelt wird, ist immens. Die Eindrücke aus der Praxis sind für uns wichtig, weil sie uns Chancen aufzeigen, hier noch besser zu unterstützen. Die wachsende Herausforderung mit der Warenschwemme der Billiganbieter aus China kann keine Behörde allein bewältigen. Wir müssen weiter daran arbeiten, unsere Strukturen zu vernetzen und die Möglichkeiten der Digitalisierung klug zu nutzen. Dafür haben wir aus diesem Besuch wertvolle Impulse mitgenommen.“
Fotos vom Besuch am Flughafen Köln/Bonn finden Sie hier: