Rede von Finanzminister Lienenkämper zum Haushaltsgesetz 2018
Es gilt das gesprochene Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
vor Ihnen liegt der Haushaltsentwurf für das Jahr 2018. Dies ist der erste Haushalt der neuen Landesregierung.
Zum ersten Mal seit 44 Jahren beraten wir über einen Haushalt, der von Anfang an ohne neue Schulden auskommt!
Und zwar geplant, verlässlich und ehrlich.
So wird diese Landesregierung den politischen Aufbruch für Nordrhein-Westfalen finanzpolitisch flankieren. Dauerhaft.
Denn: Wir wollen die erste Landesregierung in Nordrhein-Westfalen sein, die bei allen regulären Haushalten der gesamten Legislatur keine neuen Schulden macht.
Das ist unser Anspruch. Ihm gerecht zu werden, wird nicht einfach. Aber:
Die Nordrhein-Westfalen Koalition aus Christdemokraten und Freien Demokraten will ein altes nordrhein-westfälisches Versprechen einlösen.
Eines, das in Vergessenheit geraten ist – das aber jedes heute in unserem Land geborene Kind wieder selbstverständlich finden soll.
Es lautet:
Egal woher Du kommst: wenn Du viel lernst und hart arbeitest, wird es Dir gut gehen!
Das war und bleibt die Kernbotschaft der Sozialen Marktwirtschaft. Jenes noch immer unschlagbaren Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells, das der gebürtige Essener Alfred Müller-Armack einst mit erdacht hat. Jenes „Rheinischen Kapitalismus", wie ihn Konrad Adenauer für die Bonner Republik und Karl Arnold für unser Land Nordrhein-Westfalen maßgeblich politisch umgesetzt haben.
In einer Sozialen Marktwirtschaft werden vermeintliche Gegensätze miteinander versöhnt und zum Wohle des Zusammenhalts genutzt:
Mensch und Markt,
sozialer Ausgleich und wirtschaftliches Wachstum,
ökologische Nachhaltigkeit und industrieller Fortschritt.
Ganz wichtig ist dabei aber stets: All dies ordnungspolitisch flankiert von einer berechenbaren, verlässlichen und seriösen Finanzpolitik!
Gerade Nordrhein-Westfalen lieferte in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik die Blaupause für die funktionierende Soziale Marktwirtschaft in Deutschland.
Bei uns wurde mit harter Arbeit der Grundstock dafür gelegt, dass es wieder aufwärts ging in der ganzen Republik. Fleißige Menschen in Nordrhein-Westfalen, viele davon aus Schlesien, Pommern, Italien oder der Türkei, bauten unser Land auf.
Bei uns lebten schon immer die Menschen, die zupacken konnten – umgekehrt konnten sie sich aber darauf verlassen, dass sie selber und ihre Kinder eines Tages die Früchte der eigenen Arbeit ernten würden. Dass sie aufsteigen würden.
Denn an Rhein, Ruhr und Lippe ging es lange Jahre aufwärts: Neue Universitäten entstanden, Schulen erhielten mehr Lehrer, die Polizei wurde personell ordentlich ausgestattet. Die Menschen erhielten neue Perspektiven für gut bezahlte Arbeit und wirtschaftlichen Aufstieg.
All dies war möglich, weil die Finanzpolitik die Entwicklung mit Augenmaß begleitete.
Sie achtete über Jahre darauf, dass
- einerseits genügend Mittel für nachhaltige Modernisierung und Investitionen bereit standen, aber
- andererseits Einnahmen und Ausgaben über die Jahre ausgewogen blieben.
Dieses Verständnis von Finanzpolitik ist wichtig, damit die Soziale Marktwirtschaft auf Dauer funktionieren kann. Gestern wie heute. Denn: Ausgabedisziplin verursacht Fokussierung.
Sie ist ein Anreiz dafür,
staatliche Investitionen mit Bedacht vorzunehmen,
das zu tun, was verantwortungsethisch geboten, und nicht was gesinnungsethisch gewollt ist,
sinnvoll zu gestalten statt phantasielos zu verwalten.
Fokussierung auf das Wesentliche hilft nicht nur bei den Finanzen, sondern zum Beispiel auch im Städtebau.
Der frühe Soziologe Max Weber wusste schon vor über 100 Jahren, dass die Lebensqualität in einer Stadt nicht von ihrer Größe, sondern von ihrer Mischung abhängt.
Ein guter Stadtplaner wird sich deshalb frühzeitig darauf konzentrieren, dass Räume der Begegnung für Jung und Alt, für Ärmere und Reichere, für Alteingesessene und Zuwanderer entstehen. Darauf, dass eine Stadt reizvoll, lebendig und lebenswert wird.
Er wird die Plätze, Häuser, Straßen und Grünflächen so anlegen, dass die Proportionen gewahrt bleiben und Flächen sinnvoll genutzt werden. Kurzum: Dass durch kluge Planung sanfte Anreize für mehr Lebensqualität geschaffen werden – ohne dabei endliche Ressourcen zu verschwenden und strukturelle Probleme zu verursachen.
Dies gilt analog für die staatliche Finanzpolitik.
Ein Finanzminister, der von vorne herein mit immer neuen Schulden überkommene Strukturen finanziert, handelt wie ein Stadtplaner, der phantasielos eine monotone Plattenbausiedlung an die nächste reiht.
Das ist zu wenig für Nordrhein-Westfalen.
Der letzte nordrhein-westfälische Finanzminister, der ohne geplante neue Schulden auskam, war der Sozialdemokrat Hans Wertz. In der Haushaltsdebatte 1973 mahnte er noch dazu, bitte mit finanzpolitischem Augenmaß voranzuschreiten.
Der Ruf verhallte jedoch schnell.
Denn das finanzpolitische Augenmaß ging über die Jahrzehnte danach leider verloren. Mit Ausnahme des Konsolidierungskurses unter Finanzminister Helmut Linssen, also von 2005 bis zum Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2009, kannte die Schuldenkurve in Nordrhein-Westfalen im Wesentlichen nur eine Richtung: nämlich nach oben!
Die rot-grüne Vorgängerregierung erhob die Verschuldung sogar wortreich und unter Zuhilfenahme eigens bezahlter Gutachten zu ihrem finanzpolitischen Kernprogramm.
Dabei war stets klar: Wer so munter neue Schulden plant, löst kein Problem! Erst recht nicht vorbeugend. Im Gegenteil: Er verschärft das Problem!
Unser Land hat inzwischen 144 Milliarden Euro Schulden angehäuft, mehr als 21 Milliarden davon sogar erst in den letzten sieben Jahren!
Allein für die Zinsen mussten die heimischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler fast denselben Betrag nochmal ausgeben, nämlich 139 Milliarden Euro. Also fast 140 Milliarden Euro nur für Zinszahlungen! Eine unvorstellbar hohe Geldsumme! Bei einer maßvollen Finanzpolitik hätte das Geld in die Bildung, die Innere Sicherheit, den Straßenbau oder in zukunftsfeste Arbeitsplätze investiert werden können.
Vielleicht hätten mehr Menschen das Versprechen vom Aufstieg in Nordrhein-Westfalen erlebt. In Wirklichkeit wurde es immer häufiger gebrochen. Bis heute ist das leider so.
Mit dieser gescheiterten Politik machen wir Schluss. Wir wollen eine nachhaltige Finanzarchitektur für Nordrhein-Westfalen schaffen.
Wir wollen konsolidieren, modernisieren und investieren.
Unser politischer Anspruch liegt darin, Ausgaben und Einnahmen in wieder in Balance zu halten und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass unser Land mit klugen Investitionen nachhaltig modernisiert wird.
Der diesjährige Nobelpreis für den Verhaltensökonomen Richard Thaler erinnert uns daran, dass dabei immer der echte Mensch Ausgangspunkt aller Überlegungen sein sollte. Nicht ein fiktives Wesen, Studien oder gar eine abstrakte Ideologie.
Was nützt es zum Beispiel einer alleinerziehenden arbeitslosen Mutter, wenn ihr ein Arbeitsplatz angeboten wird, gleichzeitig aber kein Betreuungsplatz für ihr Kind zur Verfügung steht? So gelingt kein Aufstieg.
Staatliche Investitionen müssen die Lebenswirklichkeit im Blick haben und überkommene Strukturen deshalb nachhaltig modernisieren. Ein Stein muss auf dem anderen aufbauen.
Klar ist: Ohne solche Investitionen geht das nicht.
Eine funktionierende Soziale Marktwirtschaft braucht auch finanzielle Impulse. Anders sind Aufstieg und Wachstum nicht möglich.
Sparen an sich ist kein Selbstzweck. Deshalb werden wir auch Geld in die Hand nehmen. 8
Das Aufsteigerland Nordrhein-Westfalen wird es nicht umsonst geben.
Das war in der Gründungsphase unseres Landes nicht der Fall und das ist es angesichts der enormen Herausforderungen in der heutigen Welt erst recht nicht. In nenne hier nur:
- die Digitalisierung und ihre Chancen für unsere heimische Wirtschaft, für Industrie, Start-Ups und eine noch bessere Verwaltung,
- die Energiewende und ihre strukturpolitischen Folgen für Nordrhein-Westfalen oder
- die Globalisierung und mit ihren Möglichkeiten für Handel und Logistik, aber eben auch mit den humanitären Herausforderungen.
All diese Entwicklungen erfordern eine ganzheitliche Sichtweise.
So wie im nachhaltigen Städtebau nicht einzelne Gebäude oder Straßen, sondern ihre Mischung im Fokus steht, sollte auch die Haushalts- und Finanzpolitik derart gestaltet werden, dass staatliche Gelder in der Summe auf das übergeordnete Ziel konzentriert bleiben.
Unser übergeordnetes Ziel ist das Aufsteigerland Nordrhein-Westfalen.
Wir wollen mit einer maßvollen und klugen Planung die richtigen Anreize und Impulse zu setzen. Wie ein guter Stadtplaner.
Ich möchte deshalb als Finanzminister das notwendige Geld zur Verfügung stellen, um das nordrhein-westfälische Aufsteiger-Versprechen wieder einzulösen.
Ich betone: das notwendige Geld.
I. Wir konsolidieren
Mit dem dauerhaften Verzicht auf neue Schulden beschränken wir unsere finanzpolitischen Spielräume auf den dringend gebotenen Konsolidierungskurs – zwei Jahre vor Inkrafttreten der in der Verfassung verankerten Schuldenbremse. Diese freiwillige Selbstbeschränkung zwingt dazu, bereits heute genau zu überlegen, wo Einsparungen möglich sind und wo nicht.
Sparsames Wirtschaften soll zur DNA dieser Regierung werden.
Die Vorgängerregierung ließ sich übrigens allein die Überlegungen zur möglichen Einsparungen fast zwei Millionen Euro Steuergeld kosten.
Sie gründete dazu eigens ein so genanntes „Effizienzteam". Das sollte dann Einsparmöglichkeiten im Landeshaushalt finden. Aus Sicht der jungen Unternehmensberater einer großen internationalen Beratungsfirma war das sicherlich eine schöne Sache.
Welcher Uni-Absolvent erhält nicht gerne die Chance, für einen Stundensatz zwischen rund 150 Euro und 270 Euro den fachlich zuständigen Beamtinnen und Beamten Ratschläge zu erteilen? Und das Ganze über drei Jahre lang!
Es gab noch weitere Analysen, Workshops und Gutachten. Das gesamte Programm der Beraterwelt.
Mit neunmonatiger Verspätung legte dieses so genannte „Effizienzteam" im Jahr 2015 schließlich seinen Abschlussbericht samt teurer „Benchmark-Analyse" vor. Die Bilanz fiel mehr als ernüchternd aus.
Denn die smarten „Consultants" ermittelten nach jahrelanger Suche ein Einsparvolumen in Höhe von 200 Millionen Euro, vor allem bei den Förderprogrammen des Landes. In entwaffnender Ehrlichkeit schrieben sie in ihren Abschlussbericht: „Wer erwartet hat […], dass das Effizienzteam unabhängig von der politischen Richtlinienkompetenz eigenmächtig politische Prioritäten verschiebt und so Milliarden an Einsparmöglichkeiten vorschlägt, verkennt, dass die Setzung von Zielen und Schwerpunkten Sache der Politik ist und bleibt. Effizienz heißt, die von den maßgeblichen Institutionen gesetzten Ziele […] zu erreichen."
Mit anderen Worten: Es wurde gar nicht ernsthaft geprüft. Weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte. Der politische Wille zum Sparen fehlte schlichtweg.
Die neue Landesregierung verfolgt hier einen gänzlich anderen Ansatz! Für uns hat sparsames Wirtschaften politische Priorität. Wir haben bereits in den ersten vier Monaten ein unmittelbares Einsparvolumen in Höhe von immerhin 131 Millionen Euro festgestellt.
Übrigens allein mit der Unterstützung der eigenen Beamtinnen und Beamten, nicht zuletzt in der Finanzverwaltung. Und – noch ein Kontrast zur Vorgängerregierung – einvernehmlich zwischen allen Ressorts.
Denn eine „Schwarze Null" fällt niemandem in den Schoß. Die müssen Sie wollen. Und wir wollen sie.
Wir wollen sogar mehr. Bereits ab 2019 planen wir mit einem Überschuss in Höhe von 30 Millionen Euro. Ab 2020 wollen wir einen Überschuss von über einer Milliarde Euro erzielen.
Bei all dem lassen wir zudem besondere Vorsicht walten.
So, wie Stadtplaner Schwankungen bei der Bevölkerungsentwicklung berücksichtigen müssen, rechnen wir bewusst mit niedrigeren Steuereinnahmen, als voraus gesagt. 12
Wir planen 2018 mit Steuereinnahmen von 58 Milliarden Euro und liegen damit noch knapp 300 Millionen Euro unter den Zahlen, die uns mein Amtsvorgänger für die Koalitionsverhandlungen zur Verfügung stellte. Wir wollen keinen Haushalt, der auf Kante genäht ist.
Die Einsparungen sind im Etatentwurf für 2018 bereits enthalten.
Ohne sie wäre dieser erste geplante ausgeglichene Haushalt seit 1973 nicht möglich gewesen. Denn wir verzichten auf Buchungstricks, wie sie im angeblich plötzlich schuldenfreien Haushalt 2016 vor der Landtagswahl vorzufinden waren – um jeder Legendenbildung vorzugreifen! Noch dazu in einer Größenordnung von fast 600 Millionen Euro!
Die Wahrheit ist: Rot-Grün plante auch für das Jahr 2018 mit fast 400 Millionen Euro neuen Schulden. Das war die gültige Beschlusslage!
Der nun erzielte Sparbeitrag kam dank intensiver Bemühungen mit allen Ressorts zustande. Ungenutzte Gelder haben wir gekürzt. Zum Beispiel die so genannten „Selbstbewirtschaftungsmittel". Das sind Gelder, die den Ressorts zusätzlich zur Verfügung stehen, aber nicht genutzt wurden und damit unnötig auf Halde lagen. 56 Millionen Euro wurden hier gestrichen.
Weitere 75 Millionen Euro haben wir bei den so genannten „Restedeckungsmitteln" und bei einzelnen Landesförderprogrammen gekürzt.
Bei den Landesförderprogrammen gilt: Die Fachressorts werden selber darüber entscheiden, wie die jeweilige Einsparvorgabe bei den Förderprogrammen umgesetzt werden soll. Dies betrifft zum Beispiel solche Programme, deren Sinnhaftigkeit allein durch mangelnden Mittelabfluss fraglich ist.
Dabei gilt für uns: Teure Lieblingsprojekte für einzelne politische Akteure sind weder legitim noch bezahlbar. Für Ideologie gibt es kein Geld mehr!
Deshalb sage ich an dieser Stelle auch ganz klar: Wir werden uns die Landesförderprogramme weiter anschauen. Seien Sie sicher, dass der Politikwechsel auch in den Förderprogrammen des Landes deutlich sichtbar werden wird!
Hier wird es zu einem geordneten Rückbau kommen.
In einem Stadtquartier kann jedes Haus nur einmal gebaut werden. Irgendwann ist die Fläche aufgebraucht. Wenn die Proportionen erhalten bleiben sollen, ist dann Schluss.
Auch für den Haushalt gilt: Jeder investierte Euro hat seinen festen Platz.
Und der ist begrenzt. Der Raum für neue Wünsche ist nicht endlos. Auch in Zeiten steigender Steuereinnahmen und guter Konjunkturprognosen. Denn ähnlich wie ein mittelständisches Unternehmen in guten Zeiten Vorsorge für schlechtere Zeiten betreiben muss, wollen wir das gleiche Augenmaß walten lassen.
Im Haushaltsvollzug haben wir bereits in diesem Jahr seit Regierungsübernahme sparsam gewirtschaftet und jeden Euro zweimal umgedreht, bevor wir ihn ausgegeben haben. Daraus hat sich bis jetzt eine Summe in Höhe von 120 Millionen Euro ergeben, die noch in diesem Jahr in den Pensionsfonds für 2017 fließen wird. Im weiteren Haushaltsvollzug werden wir weitere Mittel dafür verwenden, soweit dies möglich ist.
II. Wir modernisieren
Der vorliegende Haushalt ist unser erster Gestaltungshaushalt. Er folgt einer klaren politischen Priorisierung. Dafür haben wir im Mai dieses Jahres ein Mandat erhalten. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen wünschen sich ein modernes Land.
Keine medienwirksame Symbolpolitik mehr mit teuren Blitzmarathons, Video-Tagebüchern und anderen kurzzeitigen Werbe-Gags. Die bringen den Menschen in Nordrhein-Westfalen gar nichts.
Modernisierung bedeutet für uns: Wir müssen die dicken Bretter bohren. Also Strukturen so verändern, dass auch folgende Generationen davon profitieren.
Das gilt zuallererst für den Staat selber. Auch hier brauchen wir Fokussierung.
Wir wollen staatliche Ausgaben künftig nicht mehr nur an der Höhe der verwendeten Steuergelder bemessen, sondern an deren Wirkung und dem erzielten Nutzen.
Modernisierungsbeispiel: Digitalisierung der Verwaltung
Dafür wollen wir die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen schaffen. Die Digitalisierung wird hier helfen, zum Beispiel durch neue Steuerungsinstrumente in der Landesverwaltung.
Wie immer, lohnt auch hier ein Blick nach Europa: Wieso schaffen es zum Beispiel die estnischen Behörden, komplett auf Papier zu verzichten und den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern digital zu führen?
Das wollen wir auch für Nordrhein-Westfalen erreichen: Die vollständige Digitalisierung der Landesverwaltung.
Erste Schritte hierzu sind bereits eingeleitet. So wird es zum Beispiel schon bald im Bereich der Finanzverwaltung neue, interaktive Angebote auf dem ElsterOnline-Portal geben.
Die volle Digitalisierung der Landesverwaltung hilft am Ende nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch den Beschäftigten selber. Eine Win-Win-Situation.
Modernisierungsbeispiel: Kommunen
Dezentrale Einheiten sind in der Stadtplanung von hoher Bedeutung. Eine Stadt ist nur so modern wie ihre einzelnen Viertel. Auf den Landeshaushalt übertragen, bedeutet dies: Ein guter Haushalt stärkt auch die Kommunen. Genau das geschieht durch diesen Etat für 2018.
Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen erhalten im nächsten Jahr rund eine Milliarde Euro zusätzlich vom Land. Das sind in etwa 10 Prozent mehr Mittel als in diesem Jahr. Insgesamt 11,7 Milliarden Euro.
Wir entlasten unsere Kommunen finanziell an vielen anderen Stellen erheblich weiter:
Zum Beispiel bei der Unterbringung von abgelehnten Asylbewerbern in Einrichtungen des Landes, bei den Kitas oder im Rahmen Weiterleitung von Bundesmitteln, etwa bei den Kosten für Unterkunft und Heizung für anerkannte Flüchtlinge oder beim Kommunalinvestitionsfördergesetz. Die Gesamtzuweisungen an die Kommunen betragen im Haushalt 2018 rund 26,5 Milliarden Euro.
Der kommunale Anteil an den Gesamtausgaben des Landes wächst damit auf rund 35,6 Prozent. Also auf deutlich mehr als ein Drittel aller Ausgaben des Landes! Die Kommunen erhalten wieder finanzielle Planungssicherheit. Sie werden damit finanziell so ausgestattet, dass Modernisierung möglich wird.
Modernisierungsbeispiel: Straßenbau und Radwege
Was es heißt, wenn über Jahre phantasielos verwaltet wird, weiß jeder, der heute in einem der vielen Staus in Nordrhein-Westfalen steht. Wir brauchen endlich wieder ein gutes, funktionierendes Verkehrsnetz!
Deshalb ändern wir die Art und Weise, wie in Nordrhein-Westfalen Straßen gebaut werden. Um wichtige Straßenbauprojekte kümmert sich künftig eine eigene Stabsstelle für Baustellen-Management. Allein 38,35 Millionen Euro fließen zusätzlich in den Erhalt und Ausbau von Landesstraßen. Bis 2021 sollen die Mittel dafür auf fast 260 Millionen Euro anwachsen.
Nachhaltige Modernisierung bedeutet auch, dass wir es Pendlern einfacher machen, auf das Fahrrad umzusteigen. Dafür steigern wir die Investitionen in die Radwegeförderung von insgesamt rund 12 Millionen Euro auf rund 18 Millionen Euro um 50 Prozent, allein in 2018.
Modernisierung des Ruhrgebietes
Einen echten Modernisierungsschub wollen wir ins Ruhrgebiet bringen. Der jahrzehntealte Strukturwandel im Ruhrgebiet darf keine Entschuldigung für das politische Versäumnis mehr sein, Strukturen nachhaltig zu modernisieren.
Da wollen wir ansetzen, um gemeinsam mit der Europäischen Union und dem Bund eine Strategie zu entwerfen, damit das Ruhrgebiet endgültig den Anschluss an den Rest des Landes schafft. Den Startschuss wird eine große Ruhrgebietskonferenz im nächsten Jahr geben. Die zupackenden Menschen zwischen Hagen, Herne und Hamm haben Besseres verdient, als wir in den letzten sieben Jahren erlebt haben!
Wir wollen unser Land aber nicht nur mit zusätzlichem Geld, sondern mit einem neuen politischen Gestaltungsanspruch modernisieren.
Denn keine der großen Herausforderungen – von der Digitalisierung über die Energiewende bis hin zur Globalisierung – endet an der Porta Westfalica oder am Aachener Dom.
Deshalb ist es wichtig, dass Nordrhein-Westfalen eine wahrnehmbare Rolle spielt, wenn in Brüssel oder in Berlin Weichenstellungen auch für unser Land vorgenommen werden:
Nordrhein-westfälische Unternehmen sind beispielsweise unmittelbar betroffen, wenn in Brüssel über die Digitalisierungsstrategie für die EU verhandelt wird, und zwar vom kleinen Start-Up in Ostwestfalen bis hin zu den Telekommunikationsriesen entlang der Rheinschiene.
Massive nordrhein-westfälische Interessen sind auch berührt, wenn in Brüssel über die neue Förderperiode europäischer Strukturfonds ab 2021 verhandelt wird.
Von den Koalitionsverhandlungen in Berlin ganz zu schweigen!
Kurzum: Es bringt nichts, dass eine Landesregierung in Düsseldorf zwar mit dem Finger andauernd nach Berlin zeigt, wenn es um finanzielle Verantwortung geht – dort und in Brüssel aber auf Tauchstation geht, wenn strukturelle Veränderungen verhandelt werden. Wir wollen das Subsidiaritätsprinzip wieder stärken. Angelegenheiten sollen dort erledigt werden, wo die Menschen am nächsten dran sind. Um dies zum Vorteil unseres Landes zu tun, braucht Nordrhein-Westfalen eine starke Stimme in Deutschland und in Europa. Auch das ist unser Anspruch.
III. Wir investieren
Vor uns liegt eine Menge Arbeit, damit die Schwerpunkte im Landeshaushalt wieder so fokussiert werden, dass das Versprechen vom Aufstieg in Nordrhein-Westfalen wieder einlösbar wird.
Um das Bild der Stadtplanung erneut aufzugreifen: In dem Haushalt, den wir bei Regierungsübernahme vorgefunden haben, waren die zentralen Bauten nahezu baufällig und die wichtigsten Plätze verwahrlost. Wir beginnen mit diesem Haushalt 2018 damit, endlich wieder zu restaurieren und umzubauen.
Innere Sicherheit
Ein besonders eindrückliches Beispiel ist der Bereich der Inneren Sicherheit in Nordrhein-Westfalen.
In den letzten Jahren haben mehr und mehr Menschen Angst um ihre Sicherheit und körperliche Unversehrtheit. Wir sagen hier ganz klar: Ein Kind, das heute bei uns geboren wird, soll sicher leben. Denn:
Ein sicheres Leben gehört zum Aufstiegsversprechen, das wir für Nordrhein-Westfalen wieder einlösen möchten.
Die Polizistinnen und Polizisten in unserem Land halten dabei für uns ihren Kopf hin.
Diese Regierung hat deshalb nicht nur in einem ersten Schritt noch in diesem Jahr endlich damit begonnen die vielen Überstunden vergüten. Wir statten unsere Polizei auch deutlich besser aus. Dafür sind im Haushalt 2018 alleine 58, 2 Millionen Euro mehr vorgesehen als noch im Vorjahr.
Wir werden statt bislang 2.000 zukünftig Jahr für Jahr 2.300 neue Polizistinnen und Polizisten in den Polizeidienst unseres Landes einstellen! Hinzu kommen nochmal 500 Verwaltungsassistenten, damit die Polizei sich um das kümmern kann, für das sie gebraucht wird: Mehr Sicherheit in Nordrhein-Westfalen! Wir schaffen mit zusätzlichen 650 Planstellen die Voraussetzungen dafür, dass geprüfte Kommissaranwärterinnen und – Anwärter auch übernommen werden können.
Task Force, Paradise Papers
Organisierte Kriminalität, kriminelle Clans und Terroristen sollten wissen: Wir haben Euch und Eure Finanzen auf dem Schirm.
Allein im Bereich der Geldwäsche geht es nach einer Studie des Bundesfinanzministeriums um über 100 Milliarden Euro jährlich in Deutschland. Mit dem Haushalt 2018 schaffen wir die Voraussetzungen für eine neue Task Force zur Bekämpfung illegaler Terrorfinanzierung, 22
Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Dafür sind 58 neue Personalstellen vorgesehen.
Ob Lux Leaks, Panama oder jetzt Paradise Papers: Wir müssen die Schlupflöcher für Steuerhinterzieher schließen und diejenigen verfolgen, die sich ihrer sozialen Verantwortung entziehen. Dazu wollen wir hiermit auch einen weiteren Beitrag leisten. Die Entwicklung zeigt aber gleichzeitig: Weltweit agierenden Steuerhinterziehern ist nur auf EU-Ebene beizukommen. Ein weiterer Grund, warum Nordrhein-Westfalen dort wieder eine größere Rolle spielen sollte!
Justiz
Ein sicheres Leben gibt es nur in einem Rechtsstaat. Funktionierende Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justiz sind unverzichtbar, um jedem Einzelfall im Wortsinne gerecht zu werden und Willkür auszuschließen.
In Nordrhein-Westfalen wurde die Justiz über Jahre finanziell so stark vernachlässigt, dass die Grenzen des Rechtsstaates bald allein durch personelle Überforderung erreicht wären. Schon heute dauert etwa ein zivilrechtliches Verfahren oft länger als ein halbes Jahr. Neue Herausforderungen wie die immer größeren Klagewellen in den vielen Asylverfahren mal ganz beiseitegelassen. 23
Justitia hält in Nordrhein-Westfalen allzu oft keine Waage und kein Richtschwert mehr in ihren Händen, sondern stattdessen ein prall gefülltes Überstundenkonto - und über ihr kreist der Pleitegeier!
Wir wollen Justitia Waage und Richtschwert zurückgeben.
Wir schaffen 1.135 neue Stellen in der Justiz. Fast 200 davon sind neue Richter und Staatsanwälte.
Mit dem Haushalt 2018 leiten wir so eine drastische Kehrtwende für mehr Gerechtigkeit in unserem Land ein.
Bildung, Familien und Integration
Um aufsteigen zu können, bedarf es einer frühen helfenden Hand. Das sind natürlich vor allem liebevolle Eltern. Die gibt es allerdings leider nicht per Gesetz, auch wenn es zu wünschen wäre.
Was es aber mit diesem Haushalt geben wird, ist eine deutliche Verbesserung der Situation für unsere Kleinsten, für die KiTa-Betreuung, für Schulen, Familien und Integration.
Ein Kind, das heute in Nordrhein-Westfalen geboren wird, soll die besten Startbedingungen für ein selbstbestimmtes Leben erhalten. Egal, ob es in Detmold, Duisburg oder Düren lebt.
Egal, ob es die Eltern gemeinsam oder alleine erziehen, oder ob die familiären Wurzeln in andere Teile der Welt reichen.
Deshalb führen wir die Förderung der kommunalen Integrationszentren fort und stellen dafür beispielsweise über 15 Millionen Euro für die kommunalen Integrationszentren bereit. Die Vorgängerregierung hatte die Einstellung des Programms vorgesehen.
Aufstieg durch Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen!
Hier lagen die Dinge bei unserer Regierungsübernahme im Sommer so drastisch im Argen, dass diese neue Landesregierung bereits über den Nachtragshaushalt 2017 eine halbe Milliarde Euro in ein Trägerrettungsprogramm für die Kinderbetreuung investieren musste. Als Notrettung!
So geht es nicht weiter. Das Brett, das wir bohren müssen, ist gerade an dieser Stelle sehr dick. Deshalb werden wir diese strukturelle Unterfinanzierung der Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen beseitigen.
In einem ersten Schritt erhöhen wir dafür die Mittel für frühkindliche Bildung mit diesem Haushaltsgesetz um 177 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Das entspricht über 19.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen und 150 Familienzentren in Nordrhein-Westfalen.
In einem weiteren Schritt werden wir das System grundlegend modernisieren, indem wir das bestehende Finanzierungssystem der Kindertagesbetreuung vereinfachen.
Das Herzstück eines Aufstiegs durch Bildung sind aber nach wie vor die Schulen. Sie wurden in den letzten Jahren gleich doppelt gebeutelt: Einerseits gab es zu wenig Lehrer und zu wenig Geld für Gebäude und die technische Ausstattung.
Andererseits sollten die Schulen auch noch zum Experimentierfeld bei der mangelhaft vorbereiteten und unterfinanzierten Inklusion werden.
Wie soll das nordrhein-westfälische Versprechen vom Aufstieg gelingen, wenn schon in der Schule dauernd der Unterricht ausfällt, die notwendigen Fachpädagogen fehlen oder wenn die Klassen so groß sind, dass eine individuelle Förderung gar nicht mehr möglich ist? Die Antwort ist einfach: Gar nicht.
Das ändert sich jetzt.
Klar ist, dass der Zustand unserer Schulen eine breite Kraftanstrengung erfordern wird, an der Bund, Länder und Kommunen zukünftig gemeinsam mitwirken müssen.
Mit dem Haushaltsgesetz 2018 geht die Landesregierung hier in Vorleistung und schafft alleine für das nächste Jahr 2.048 neue Lehrerstellen.
Die Vorgängerregierung wollte hier im Übrigen einen ganz anderen Weg einschlagen. Rund 3.300 Lehrerinnen und Lehrer waren als so genannte „kw-Stellen" vorgesehen und sollten bald gestrichen werden.
Wir haben diese Befristung aufgehoben.
Gegenüber der Vorgängerregierung schaffen wir so über 5.300 Lehrerstellen für unser Land. Davon alleine 926 für den Bereich der Inklusion, die wir im Interesse aller davon Betroffenen sorgfältig planen und umsetzen wollen – dieser Bereich eignet sich nicht als Experimentierfeld!
Im Übrigen lösen wir auch unser Versprechen ein, endlich eine schulscharfe und flächendeckende Erhebung des Unterrichtsausfalls in Nordrhein-Westfalen anzugehen. Dafür sind allein im nächsten Jahr 183 neue Stellen vorgesehen. 27
Mit dem Haushalt 2018 entstehen 8.000 zusätzliche Plätze im Offenen Ganztag in nordrhein-westfälischen Grundschulen.
Bei all dem dürfen wir auch die Lehrerinnen und Lehrer nicht vergessen, die besondere Verantwortung übernehmen. Wir sorgen deshalb mit einer Besoldungserhöhung dafür, dass die Arbeit als Kon-Rektor an den Grund- und Hauptschulen zukünftig wieder stärker anerkannt wird.
Ein Aufstieg durch Bildung soll wieder möglich werden! Das ist ein zentraler Bestandteil des Aufstiegsversprechens in Nordrhein-Westfalen: Du musst viel lernen! Dass das überhaupt wieder geht, dafür schaffen wir jetzt die notwendigen Voraussetzungen.
Wirtschaft und Arbeitsplätze, Digitalisierung
Der andere zentrale Bestandteil dieses Versprechens lautet: Du musst hart arbeiten. Dann geht es Dir gut.
Das heißt im Grundsatz: Eine Soziale Marktwirtschaft funktioniert nur dann, wenn es viele gut bezahlte Arbeitsplätze mit Zukunft gibt. Und die gibt es nur mit einer brummenden Wirtschaft.
Wäre Nordrhein-Westfalen ein souveränes Land, läge es im weltweiten wirtschaftlichen Vergleich auf Rang 19 noch vor der Schweiz, Schweden, Polen oder Belgien. Die Menschen an Rhein und Ruhr erwirtschaften immerhin viereinhalb Prozent der Wirtschaftsleistung aller 28 EU-Mitgliedsstaaten zusammen.
Bei allen Problemen, die unser Land hat, deutet die schiere Größe unserer Wirtschaft auf ihr großes Potenzial hin. Die Nordrhein-Westfalen-Koalition will dieses Potenzial nutzen.
Es gibt zwei Ansätze, die diese Regierung dazu verfolgen wird:
Zum einen sorgen wir mit einem konsequenten Bürokratieabbau endlich für den notwendigen Freiraum, den eine dynamische Wirtschaft braucht. Ein Entfesselungspaket haben wir bereits auf den Weg gebracht, weitere werden folgen.
Zum anderen werden wir auch gezielt investieren. So wie ein guter Stadtplaner darauf achtet, mit einer intelligenten Raum- und Verkehrsplanung die richtigen Anreize für eine gute soziale Mischung zu schaffen, wollen auch wir mit klugen Investitionen die richtigen Anreize setzen: Jeder ab jetzt investierte Euro soll die größtmögliche Hebelwirkung für die Wirtschaft unseres Landes bewirken.
Denn, wie gesagt, er hat seinen festen Platz.
Ein Bereich, den wir dabei besonders im Blick haben, ist die Digitalisierung.
Jede Generation der Neuzeit war mit großen technologischen Umbrüchen konfrontiert. Von der Dampfmaschine über das Automobil bis hin zum Computer veränderten Technologien die Art und Weise, wie wir leben, arbeiten und wirtschaften.
Es steht außer jedem Zweifel, dass die Digitalisierung in diese Reihe dazu gehört. Und ebenso klar ist: Ein so dicht besiedeltes Land wie Nordrhein-Westfalen, mit einer so einmaligen Mischung aus ländlichen Räumen und großen Städten, mit einer solchen Dichte an Forschungseinrichtungen und Universitäten, hat potenziell die besten Standortbedingungen für das Zeitalter der Digitalisierung.
Mut und frische Ideen haben die Menschen in Nordrhein-Westfalen. Um sie heute in ein funktionierendes Unternehmen umzuwandeln, muss sich der Staat auf die richtigen Rahmenbedingungen konzentrieren. Dazu gehört eine erstklassige digitale Infrastruktur.
Unser Ziel ist nicht mehr der Ausbau alter Kupferleitungen auf 50 Mbit pro Sekunde. Das ist bestenfalls ein Zwischenschritt. Schon im privaten Bereich reichen solche Netze oft schon nicht mehr aus. Für ein Start-Up oder ein mittelständisches Unternehmen bedeuten sie mittelfristig das Scheitern. Deshalb wollen wir wollen so schnell wie möglich eine flächendeckende gigabitfähige Infrastruktur schaffen.
Wir investieren deshalb bereits im Haushaltsentwurf 2018 220 Millionen Euro Landesmittel in die Breitbandförderung. Das sind 56 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.
Bis 2025 wollen wir
- mehr als zwei Milliarden Euro aus dem Landeshaushalt zur für die Digitalisierung in unserem Land Verfügung zu stellen und damit
- sieben Milliarden Euro an Investitionen hebeln. Fünf Milliarden davon werden allein in den Ausbau der digitalen Infrastruktur fließen.
Das Beispiel digitale Infrastruktur verdeutlicht unseren Ansatz: Wir wollen über einen konsolidierten Haushalt Investitionen ermöglichen, die unser Land nachhaltig modernisieren. Investitionen, von denen auch ein Kind noch etwas haben wird, das heute in Nordrhein-Westfalen geboren wird.
Ich könnte noch sehr viele weitere Schwerpunkte benennen, die wir mit diesem Haushaltsgesetz stärken werden. Zum Beispiel
die Denkmalpflege und Heimat,
die Stärkung nicht-akademischer Gesundheitsberufe oder
den Hochwasserschutz.
Kultur
Ein Feld liegt mir persönlich jedoch ganz besonders am Herzen. Und das ist die Kultur in unserem Land.
Eine Stadt ohne Kultur ist nicht lebenswert.
Kein guter Stadtplaner wird jemals darauf verzichten, Orte zu schaffen, an denen die unterschiedlichsten Menschen zusammen kommen, an denen die gemeinsame Identität wurzelt und gleichzeitig immer wieder neu hinterfragt wird und an denen die Seele auch mal baumeln kann.
Gerade in unserer schnellen Zeit, unserer immer vielschichtigeren Gesellschaft und vielerorts drohender Anonymisierung wird dies von Tag zu Tag wichtiger.
Wenn in einem Bauwerk Risse drohen, braucht man einen Kitt, der alle Teile zusammenhält.
Kultur fördert Gemeinschaft statt Entfremdung. Kultur ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält.
Wir wollen ihn deshalb stärken und mit den enormen Versäumnissen der letzte Jahre Schluss machen.
Wir werden den Kulturetat über diese Legislaturperiode deshalb um 50 Prozent erhöhen.
Also von 200 Millionen Euro auf 300 Millionen Euro! Wir beginnen im Haushalt 2018 mit rund 20 Millionen Euro und steigern diesen Betrag bis 2022 auf 100 Millionen Euro. Denn finanzielle Planungssicherheit ist gerade für die zahlreichen kulturellen Begegnungsstätten entscheidend – ob Literaturfestival, Orchester oder Musikschule. Denn dort geht es nicht um Gewinnmaximierung, sondern um nachhaltige Bereicherung für uns alle.
Ein Kind, das in Nordrhein-Westfalen aufwächst, soll wissen, welch tolle Theater, Museen und Kunst es hier gibt. Und wie spannend und vielfältig die Geschichte unseres Landes ist. Es soll aber auch wissen, welch besondere Verantwortung wir durch unsere Geschichte haben. Kultur und politische Bildung müssen deshalb wieder die prägende Rolle spielen, die gerade ein Land der Aufsteiger so dringend braucht.
IV. Eine verlässliche Finanzpolitik für das Aufsteiger-Land Nordrhein-Westfalen
Aufstieg und gesellschaftlicher Zusammenhalt gehören zur Kernmarke Nordrhein-Westfalen, auch wenn sie in den letzten Jahren immer schwerer zu verwirklichen waren. Diese Ziele vereint das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft. Alle wichtigen Akteure, die Bevölkerung, der Staat und die Wirtschaft müssen bestimmte Rollen ausfüllen, damit die verschiedenen Kräfte so zusammenwirken können, dass so etwas wie der einst von Wilhelm Röpke beschriebene „ökonomische Humanismus" entstehen kann, damit sich also individuelles Streben und sozialer Ausgleich zum Wohle aller zusammen fügen.
Die staatliche Finanzpolitik spielt hierbei eine zentrale Rolle. Sie muss mit besonderem Augenmaß die wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen begleiten. Augenmaß bedeutet das Gegenteil von Ideologie. Augenmaß bedeutet Voraussicht.
Kein Theoriekonstrukt sollte das notwendige Augenmaß benebeln, sei es die antizyklische Konjunkturpolitik oder eine wie auch immer begründete, angeblich vorsorgende Sozialpolitik.
Die hemmungslose Verschuldung der öffentlichen Hand, wie wir sie in Nordrhein-Westfalen leider über Jahrzehnte erlebt haben, lähmt uns alle.
Ein Planer, der mit dem nachhaltigen Umbau einer Stadt beauftragt ist, sollte sich überlegen, wie er mit gut durchdachten baulichen Anreizen eine ausgewogene Mischung erreichen kann und so die Lebensqualität der Menschen nachhaltig erhöht. Wie er Bausünden möglichst geordnet zurückbaut und stattdessen neue, schöne, lebenswerte Orte des Miteinanders schafft. Und sicher nicht, wie er die bestehende Stadt phantasielos einfach immer größer macht, noch dazu um jeden Preis.
Deshalb folgt unsere Haushalts- und Finanzpolitik dem Dreiklang: Konsolidieren, Modernisieren, Investieren!
Wir machen mit diesem Haushaltsgesetz Schluss mit immer neuen Schulden. Und legen uns auch für die weiteren regulären Haushaltsgesetze für diese Legislaturperiode fest.
Vergessen wir nie mehr: Eine verlässliche, seriöse Finanzpolitik ist ein Eckpfeiler der Sozialen Marktwirtschaft. Dies gilt gerade in unserer heutigen vernetzten, schnelllebigen und technologiegetriebenen Welt und unserer immer viel schichtigeren Gesellschaft. 35
Ein Kind, das heute in Nordrhein-Westfalen geboren wird, hat mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 30 Prozent familiäre Wurzeln außerhalb Deutschlands.
Mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 20 Prozent wird es von nur einem Elternteil erzogen.
Seine Eltern arbeiten mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit in einem Unternehmen, das nicht mehr nur in Konkurrenz zu anderen deutschen Firmen steht, sondern immer stärker zu Unternehmen in der ganzen Welt.
Diese Nordrhein-Westfalen-Koalition hat sich vorgenommen, dass dieses Kind in seinem Leben wieder das erfährt, was unser Land in seiner Gründerzeit auszeichnete: Das Versprechen, durch gute Bildung und harte Arbeit aufsteigen zu können – egal wo es her kommt.
Wir wollen die staatlichen Ressourcen so einsetzen, dass ein Kind aus Nordrhein-Westfalen sicher leben kann, die beste Betreuung findet, in die besten Schulen gehen kann und später die besten Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Dass Nordrhein-Westfalen wieder erstklassig wird.
Der Haushaltsentwurf 2018 setzt hier die richtigen Schwerpunkte. Ich freue mich auf die anstehenden Beratungen mit Ihnen. Helfen Sie mit, dass unser Land einen neuen Aufbruch erlebt! Vielen Dank!