KI und Kryptowährung: Minister besucht Steuerfahndung in Bielefeld
Ein Netzwerk aus Scheinfirmen verschiebt Elektronikwaren zwischen mehreren europäischen Staaten und hinterzieht dabei systematisch Umsatzsteuer, bis innerhalb kürzester Zeit ein Steuerschaden in dreistelliger Millionenhöhe entsteht. Nach akribischer Ermittlungsarbeit gibt es am „Action Day“ in einer konzertierten internationalen Razzia Durchsuchungen in mehreren Ländern zugleich, bei etlichen Verdächtigen klicken die Handschellen. Was Minister der Finanzen Dr. Marcus Optendrenk an diesem Montag bei seinem Besuch im Bielefelder Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung zu hören bekam, klingt wie der Plot eines Kriminalromans. Doch es handelt sich um den Tatsachenbericht eines Großverfahrens, bei dem die Bielefelder Steuerfahndung auf Ersuchen der Europäischen Staatsanwaltschaft federführend ermittelt hat. Und zwar erfolgreich.
„Das konkrete Großverfahren zum Umsatzsteuerbetrug zeigt erneut: Unsere Steuerfahndung ist schlagkräftig aufgestellt und operativ Spitzenklasse“, erklärt Minister Dr. Optendrenk. „Kriminelle Geldströme über Jahre quer durch Europa zu verfolgen, verlangt enormes kriminalistisches Know-how und einen langen Atem. Bei dem wertvollen Austausch mit den Praktikerinnen und Praktikern hier vor Ort ging es beispielsweise um die Frage, wie die aufwendige Datenauswertung in solchen internationalen Fällen künftig durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz noch effizienter laufen könnte.“ Genau bei solchen Fragestellungen aus der Praxis soll künftig das IT-Kompetenzzentrum unterstützen, welches im neuen Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) aufgebaut wird und auch die Erprobung sowie den Einsatz digitaler Ermittlungsmethoden landesweit nach vorn bringen soll. Das LBF NRW als neues Landesamt wird im finalen Aufbauschritt zum 1. Januar 2025 die komplette nordrhein-westfälische Steuerfahndung bündeln. Minister Dr. Optendrenk: „Unser Ziel ist es, die Arbeit unserer Steuerfahnderinnen und -fahnder in Zukunft optimal zu unterstützen. Deshalb sind Vertreterinnen und Vertreter aus der Fahndung auch unmittelbar am Aufbau des Landesamtes – dem ersten seiner Art in Deutschland – beteiligt.“ Das Bielefelder Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung bleibt als Regionalabteilung des neuen LBF NRW erhalten und dezentral in der Fläche aufgestellt, das Zuständigkeitsgebiet – bislang Ostwestfalen-Lippe – wird um Lippstadt und Soest erweitert.
Ein weiterer Schwerpunkt des Dialogs: Die Bielefelder Steuerfahndung hat über ein Sammelauskunftsersuchen an eine Plattform Datensätze über den Handel mit Kryptowährungen für eine mittlere vierstellige Anzahl Steuerpflichtiger erhalten und koordiniert deren Auswertung. „Die Auswertung einer solchen Datenmenge erfordert großen Einsatz, doch die ersten Ergebnisse zeigen: Er lohnt sich“, betont der kommissarische Leiter des Steuerfahndungsamts, Dr. Ulrich Koch. „Wir untersuchen allein für ein Jahr ein Zahlungsvolumen von mehr als 1,3 Milliarden Euro und die Frage, ob Spekulationsgewinne ordnungsgemäß versteuert wurden.“ Minister Dr. Optendrenk bekräftigt: „Virtuelle Währungen werden in Zukunft ein wichtiges Feld für die Steuerfahndung sein. Wir werden prüfen, wie wir die Ermittlungen weiter stärken. Allen muss klar sein, dass die Steuer gezahlt werden muss – egal, ob Gewinne in der analogen oder der digitalen Welt gemacht wurden.“