
24 Millionen Euro Schaden: Urteil gegen Mehrwertsteuerbetrüger nach LBF-Ermittlung
Langwierige und komplexe Ermittlungen der nordrhein-westfälischen Steuerfahndung im Inland und im europäischen Ausland im Fall eines internationalen Steuerbetrug-Karussells zahlen sich jetzt aus: Das Landgericht Hagen hat drei Täter verurteilt, die als Köpfe einer Bande durch vorgetäuschte Exporte von Autos Mehrwertsteuer in großem Stil hinterzogen haben. Die Europäische Staatsanwaltschaft (EuSta) mit Sitz in Köln sowie die heutige Regionalabteilung „Bergisches Land – Sauerland“ des Landesamtes zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) ermittelten mehrere Jahre lang gegen die Betrüger, die Fahrzeuge im Wert von rund 100 Millionen umgesetzt und so einen Steuerschaden von mindestens 24 Millionen Euro verursacht hatten.
Die Masche der Gruppe war ausgeklügelt: Über Internetportale in mehreren EU-Staaten wurden Fahrzeuge ausgewählt und über deutsche Vermittler erworben. Anschließend nutzten die Beschuldigten ein Konstrukt aus Scheinfirmen und manipulierten Rechnungen, um den Eindruck zu erwecken, die Fahrzeuge würden aus Deutschland in andere EU-Länder exportiert – mit dem Ziel, keine Mehrwertsteuer entrichten zu müssen, da diese beim Export innerhalb der Europäischen Union unter bestimmten Voraussetzungen entfällt. Dazu stellten sie Rechnungen an angebliche Firmen aus, die tatsächlich nicht aktiv waren und ihren steuerlichen Pflichten im Ausland nicht nachkamen – es handelte sich den Ermittlungen nach um reine Briefkastenfirmen. Tatsächlich gelangten die Fahrzeuge jedoch an andere Empfänger als auf den Verkaufsdokumenten angegeben. Das Gericht hält Verkäufe seit 2017 an mehr als 40 dieser Scheinfirmen für erwiesen. Die drei Drahtzieher wurden zu Haftstrafen von fünf Jahren und neun Monaten, drei Jahren und neun Monaten beziehungsweise einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Das eigentliche Betrugssystem war vermutlich sogar noch größer und könnte ein Netzwerk von knapp 200 Scheinfirmen umfasst haben.
„Dieser Fall steht beispielhaft für die Arbeit der Steuerfahndung als moderner Ermittlungsbehörde: Es geht um hochkomplexe, internationale Großverfahren, es geht um sehr viel Steuergeld und um die Zerschlagung krimineller Strukturen“, erklärt Minister der Finanzen Dr. Marcus Optendrenk. „Wir haben in Nordrhein-Westfalen das LBF NRW gegründet, um bei diesen Verfahren mit der Europäischen Staatsanwaltschaft künftig noch größere Schlagkraft zu entfalten. Das geballte Know-how und kriminalistische Gespür unserer Fahnderinnen und Fahnder kann jetzt gezielt in diese Ermittlungen gesteuert werden.“
„Für uns sind die Großverfahren in Kooperation mit der Europäischen Staatsanwaltschaft ein personeller und organisatorischer Kraftakt. 13 Terrabyte Daten wurden in diesem Fall sichergestellt, unser Abschlussbericht als Steuerfahndung umfasste 1000 Seiten“, verdeutlicht LBF-Leiterin Stephanie Thien. „Aber es lohnt sich, wenn wir damit illegale Geldströme nachhaltig kappen und Steuergeld zurückholen können. Die außerordentlich gute Zusammenarbeit mit der Europäischen Staatsanwaltschaft sowie die Unterstützung unserer Polizei in Nordrhein-Westfalen haben diesen Erfolg möglich gemacht.“
Das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) bündelt seit dem 1. Januar 2025 die gesamte nordrhein-westfälische Steuerfahndung mit rund 1200 Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Bekämpfung von Steuerbetrug, Geldwäsche und Cybercrime. Es ist die erste Landesbehörde dieser Art in der Bundesrepublik.