FINANZVERWALTUNG des Landes Nordrhein-Westfalen
Kirsten Stewart als Diana – Scene 27/12, Take 2.

Mit dem Schnee im Münsterland ist das so eine Sache. Wenn man ihn benötigt, ist er nicht da – beispielsweise an Weihnachtsabenden, wenn sich alle danach sehnen, dass frischer Zuckerguss auf Feldern und Straßen die Herzen zusätzlich wärmt. Wenn die weiße Puderdecke jedoch stört, öffnet der Himmel seine Schleusen, Murphy`s Law eben. Auf Nordkirchen rieselte es im Februar des vergangenen Jahres kräftig hinab. Es geschah exakt zu einer Zeit, als sich Hollywood für einige Wochen im und am Schloss eingenistet hatte. Üppiges Equipment mit Kameras, Mikros und Kulissen war aufgebaut, man plante und drehte den Lady-Di-Film „Spencer“. Und die sich schnell etwa 15 Zentimeter hoch auftürmende Schneeschicht war so ziemlich das Letzte, was das Team in diesen Spätwintertagen brauchen konnte.

Was tun also? Krisensitzung. Diskussionen. Einige Szenen im Freien waren bereits fertig, man musste mit den Außendrehs im Grunde dringend fortfahren. Regisseur und Crew beratschlagten, ob es sinnvoll sein könnte, nun einige Szenen des Streifens auf dem glatten Geläuf draußen zu drehen – die Handlung spielt im Dezember, das würde schon passen. Sollte der Schnee allerdings in den kommenden Tagen wegschmelzen, müsste man Kunstschnee heranschaffen – das wäre eine teure und lästige Angelegenheit. Die Gäste aus den USA entschieden, auf Innenszenen auszuweichen und dabei auf Kamerasequenzen an Fenstern zu verzichten, um den Schnee in den Parkanlagen von den Aufnahmen fernzuhalten. Das Team richtete kurzerhand Dianas Schlafzimmer im Schloss ein und verlegte den Dreh vorübergehend in die prachtvollen Gemächer. Derweil schaufelten Radlader die dicke Schicht draußen außer Reich- und Sichtweite, damit es bald wieder losgehen konnte mit den Kamerafahrten unter freiem Himmel. Problem gelöst.

 

Luftaufnahme vom Schloss Nordkirchen

 Nordkirchen. Das westfälische Versailles. Wo sich in normalen Zeiten fast 1500 Studenten der Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen auf Karrieren als Diplom-Finanzwirte vorbereiten, passieren seit Jahrzehnten die wundersamsten Dinge, wenn wieder mal eine Kameracrew für mehrere Wochen vorbeischaut. Eins der schönsten Schlösser Deutschlands, errichtet zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch die Baumeisterbrüder Gottfried Laurentz und Peter Pictorius sowie schließlich Johann Conrad Schlaun, hat mit seinen barocken Sälen und Gängen und den zauberhaften Gärten bereits als Schauplatz zahlreicher Filme gedient. Der Kinofilm „Smaragdgrün“ wurde zum Beispiel zeitweise ebenso im Münsterland produziert wie der TV-Mehrteiler „Krupp – eine deutsche Familie“.

 

 

Kristen Stewart als Diana im gelben Kostüm.
© Pablo Larraín, DCM

Nun also „Spencer“. Ein Leinwand-Ereignis, das die Zuschauer zurückversetzt ins Jahr 1991. Die Prinzessin von Wales verbringt die Weihnachtsfeiertage mit der königlichen Familie auf dem Landsitz Sandringham in Norfolk. Hollywood-Star Kristen Stewart, bekannt aus Filmen wie „Twilight“ oder „Charlie`s Angels“, schlüpft in die Rolle einer innerlich gespaltenen Diana, die mit sich und ihrem Schicksal hadert und am Ende des weihnachtlichen Zusammentreffens auf dem Anwesen beschließt, sich von Prinz Charles zu trennen.

Der emotionsgeladene Film läuft seit einer Woche in den deutschen Kinos und rangiert aktuell auf Platz sieben der cineastischen Charts. Für ihre Rolle als Diana hat Kristen Stewart schon erste Auszeichnungen abgeräumt, zum Beispiel den „Sunset Circle Award 2021“. Sie ist für den „Golden Globe 2022“ in der Kategorie „Best Actress – Motion Picture Drama“ und den „Critics‘ Choice Movie Award 2022“ nominiert. Die auf drei Tage verdichtete Story berührt die Menschen, ganz so, wie auch das Leben und Sterben „der Königin der Herzen“ die Massen stets bewegt hat und immer noch bewegt. Unsere Pressemitteilung, die wir am Donnerstag der vergangenen Woche veröffentlichten und in den sozialen Netzwerken teilten, ging innerhalb weniger Stunden viral. Allein im beruflichen Netzwerk LinkedIn erreichte die Nachricht mehr als 8.000 Menschen und erhielt 135 Mal ein „Like“. Auch auf Facebook und Instagram sorgten die Posts für mächtig Aufmerksamkeit. Mit rund 200 Likes auf Facebook und 560 Likes auf Instagram sowie insgesamt über 15.000 erreichten Menschen verbreiteten sich die schönen Bilder der Hochschule in Nordkirchen und des Flimdrehs blitzschnell.

Das große Interesse liegt sicherlich auch an der ausdrucksstarken Darstellung von Protagonistin Stewart, deren oscarverdächtiges Spiel in den ersten Filmkritiken international starke Bewertungen erhalten hat. „Man kommt der Prinzessin so nahe, dass man ihre Traurigkeit riechen kann, die Angst spüren und den Hass schmecken“, schreibt die Rheinische Post. Der Film sei ein Parforceritt für die Psyche: „Wer sich darauf einlässt, taucht ein und kehrt erst nach fast zwei Stunden ziemlich gestresst zurück.“

Um die fordernde Produktion fertigzustellen, verbrachten Kristen Stewart und ihre Kolleginnen und Kollegen im Frühjahr 2021 insgesamt drei Wochen in Nordkirchen. Die Hauptdarstellerin war in einem Hotel in Münster untergebracht, wurde täglich zwischen der Domstadt und dem Schloss hin- und hergefahren. Der Rest der Crew übernachtete in Appartements und Hotels in der näheren Umgebung von Nordkirchen. Viel Zeit, sich die Umgebung anzuschauen, blieb allen nicht. Insbesondere der 31-jährigen Stewart verlangte ihre Rolle kompletten Einsatz und akribische Vorbereitung ab. Vier Monate brauchte die Amerikanerin allein, um den Dialekt, die Körpersprache und besondere Mimik der englischen Prinzessin perfekt nachzuahmen. „Sie zu spielen war so schön und einfach die reinste Freude. Der Effekt, den sie auf Menschen hatte, und ihre Kraft sind immer noch präsent. Auch diese Kraft habe ich neben dem Schmerz körperlich aufgenommen. Und auch das ist eine ganz besondere Erfahrung, die mich verändert hat“, berichtete Kristen Stewart jüngst im Interview mit der FAZ. Hatte sie in Nordkirchen und Münster doch mal ein wenig freie Zeit, ging sie joggen, immer mit einem Tross von Bodyguards an ihrer Seite.

 

Kristen Stewart als Diana bei der Kleideranprobe.
© Pablo Larraín, DCM

Während der Dreharbeiten musste Stewart im Wechsel 40 Kostüme tragen. Das Drehteam brachte aber nicht nur historische Textilien mit, sondern auch 75 Tonnen Kies, der für die Außenszenen benötigt wurde. Es bepflanzte das Rondell mit Buchsbäumen, deckte Kanaldeckel und Abwasseröffnungen ab, beschnitt Sträucher und Rasenflächen oder machte Maulwurfhügel mit grüner Farbe unsichtbar. Bänke im Park mussten ebenso weichen wie ein Zaunbereich des Westgartens. Im Schlossinnern hängte ein Restaurator kostbare Gemälde und Kronleuchter ab, um das Ambiente fürs monarchische Gipfeltreffen der 90er-Jahre zu schaffen.

Wenn Fragen auftauchten, wandte sich die Filmcrew vertrauensvoll an Hartmut „Hardy“ Wagner, seit 37 Jahren an der Hochschule beschäftigt, oberster Hausmeister und „filmerprobt“. Gemeinsam mit Klaus-Wilhelm Gratzfeld kümmerte er sich darum, dass Schwierigkeiten unmittelbar bewältigt werden konnten, etwa wenn es plötzliche Veränderungswünsche für einen Raum gab, wenn Möbel verrückt werden mussten oder im Park optisch etwas verändert werden musste. Das Team sei unglaublich nett gewesen, erzählt Wagner: „Dieses Erlebnis mit dem Spencer-Team war für mich, kurz vor meiner Rente, das Tüpfelchen auf dem i“. Die Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit. Im Spencer-Abspann fließt über die Leinwand nun auch der Name Hartmut Wagner. Hollywood hat sich auf besondere Weise bei Hardy aus Nordkirchen bedankt.

 

Dr. Birgit Beisch vor dem Schloss Nordkirchen mit dem Plakat zur Spencer-Schlossführung.
© Thomas Beisch

Wie das alles genau ablief mit den Kameraaufnahmen und welche Orte im und am Schloss genutzt wurden, kann man sich gemeinsam mit Dr. Birgit Beisch anschauen. Die Schloss- und Schlossgartenführerin aus Nordkirchen, eine studierte Agrarwissenschaftlerin, hat in den vergangenen Tagen mit ihrem Team damit begonnen, Führungen auf den Spuren des Films anzubieten. Mit ihren Gästen zieht sie durch Räume und an Beeten vorbei, erzählt Anekdoten und Beobachtetes. Als der Streifen gedreht wurde, war sie ständig im Park unterwegs, immer auf der Suche nach Einblicken und Impressionen. Bereits im Oktober vergangenen Jahres hat sie sich in Belgien den Film angeschaut, als dieser dort vorab präsentiert wurde. „Etwa die Hälfte des Films spielt im und am Schloss“, betont die Hobby-Historikerin stolz. Vor rund zehn Jahren begann sie mit ihren Schlossführungen zu diversen Themengebieten, kann mit fließendem Englisch auch ausländischen Gästen ein packendes Erlebnis bereiten. Informationen zu den Führungen finden Sie unter www.schloss.nordkirchen.net.

Eine besondere Rolle während der Dreharbeiten, das wird sicher auch Dr. Beisch auf ihrer Tour berichten, spielten Tiere, genauer: Fasane. Für traditionelle Jagdszenen kamen 1500 dieser Vögel zum Einsatz. In einer Szene wird Lady Diana von einem besonders zutraulichen Exemplar begleitet. Ihm war von Geburt an eine außergewöhnliche Betreuung zuteilgeworden, denn das normalerweise scheue Tier musste an Menschen und besonders Kristen Stewart gewöhnt werden, um in der Filmsequenz nicht gleich angstvoll das Weite zu suchen.

Auch sonst war am Set einiges los. Die Kinderdarsteller nutzten die Drehpausen, um Fangen zu spielen. So blieben sie trotz der eisigen Temperaturen während der Dreharbeiten warm. Stewart selbst war beinahe unentwegt in Bewegung – ihre Joggingrunden durchs Münsterland schufen die Kondition für anspruchsvolle Aufnahmen. In einer Szene sieht man sie durch den Park hetzen, verzweifelt, wie auf der Flucht. Dabei verliert sie eine gelbe Kopfbedeckung. Da dieses Malheur an einer ganz bestimmten Stelle passieren musste, was im Park schwer umsetzbar war, musste Kristen Stewart die Sequenz viele Male wiederholen. Einer kleiner Bulli fuhr sie immer wieder zum Ausgangspunkt, immer wieder rannte sie los, immer wieder löste sich irgendwann im höchsten Tempo der Hut. Stewart trägt ein gelbes Kostüm, das im Laufwind weht, ihr sonniges Outfit korrespondiert eindrucksvoll mit den leuchtenden Farben der Gärten Nordkirchens im Hintergrund.

Ein schönes Bild, fast schon ein Hauch von Frühling im münsterländischen Winter. Es ist, man darf es hier abschließend durchaus mal betonen, gar nicht so schlecht, dass dort eher selten 15 Zentimeter dicke Schneeschichten herumliegen.
 
Kommen Sie in diesem Video mit ans Set und werfen Sie einen exklusiven Blick hinter die Kulissen und die haargenaue und hochkonzentrierte Arbeit der Filmcrew:

Video

Hinter den Kulissen des Films Spencer